Kunst und Jazz
Das Festival visuell gestalten
Künstlerische Zusammenarbeit bei Enjoy Jazz
Das Jahr 2021 markierte den Startschuss für die Kooperation zwischen dem Enjoy Jazz Festival und einer Künstlerin/einem Künstler mit dem Ziel der Gestaltung eines Kunstplakates als Aushängeschild für das Festival.
Zum Auftakt konnte mit Unterstützung von Claes Nordenhake und der Galerie Nordenhake die nigerianisch-norwegische Künstlerin Frida Orupabo gewonnen werden, die sich in ihren Arbeiten mit den Verbrechen des Kolonialismus und deren Auswirkungen bis in die heutige Zeit sowie mit Rassismus- und Geschlechter-Stereotypen auseinandersetzt. Orupabos Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen in Museen, sowie auf den Kunstbiennalen in Venedig und Saō Paulo gezeigt.
Geplant ist zudem eine begleitende Ausstellung , bei der eine Werkauswahl des Künstlers/der Künstlerin gezeigt würde.
Das Festivalplakat 2022

Iñaki Bonillas
(Credit Kyrre Skjelby Kristoffersen)
Festivalplakat 2022
(Credit Iñaki Bonillas)„Filmmusik für ein Standbild“, nennt der 1981 in Mexiko City geborene Fotokünstler Iñaki Bonillas das Motiv, das er für das Plakat des diesjährigen Enjoy Jazz Festivals bearbeitet hat. Es zeigt einen Mann inmitten auffliegender Tauben auf dem Markusplatz in Venedig, wahrscheinlich aufgenommen in den 1970er Jahren, und hält diesen kurzen Moment fest, der zu einer Erzählung wird, zu einem imaginären Film. Die Farben sind verblasst, das Bild undeutlich. Es zeigt den Vater des Künstlers und begleitete ihn, nach dessen frühem Tod, durch seine Kindheit, als Portrait eines glücklichen, verspielten Moments und verknüpft mit der Musik, die der Vater liebte, dessen Plattensammlung Iñaki Bonillas seitdem begleitet und welche die Tonspur dieser Filmmusik bildet: Jazz. Bonillas ist kein Fotograf im üblichen Sinn. Er, der sich selbst als „attic photographer“, als „Dachboden-Fotograf“ bezeichnet, arbeitet mit fotografischen Fundstücken, die er in einen neuen Kontext stellt und mit der Gegenwart verknüpft.
So wird Erinnerung zu einer möglichen Erklärung und Neubestimmung von Gegenwart. Seine Arbeiten wurden u.a. auf der Biennale in Venedig gezeigt und im Museum of Modern Art in New York. Dabei ist sein Bildarchiv zum großen Teil eng mit seiner Familiengeschichte verknüpft. Für „Soundtrack for a Still“ hat er Freunde gefragt, die seine Leidenschaft für Musik teilen, welches Jazzstück sie für dieses Bild wählen würden. Als Ergebnis wurde die Arbeit fünfmal nebeneinander gezeigt, jeweils mit Kopfhörern, die dazu eine andere Musik spielten, was im Ergebnis der akustischen Bedeutungsverschiebung wirkte, als wären es fünf verschiedene Fotografien. Es sei seinem Vater zu verdanken, dass er anfing, sich selbst zu Jazz hingezogen zu fühlen. Durch dessen umfangreiche Musiksammlung habe er begonnen, selbst Platten zu sammeln. Es gehe ihm in der Arbeit „Soundtrack For A Still“ darum zu verstehen, wer sein Vater war und dass er selbst sich Jazz nähern konnte, weil diese Musik ihm so wichtig war. Als Verbindung der Vergangenheit in die Gegenwart, als Tonspur eines Standbilds.
Das Festivalplakat 2021

Frida Orupabo
(Credit Kyrre Skjelby Kristoffersen)
Festivalplakat 2021
(Credit Frida Orupabo)Das Festivalmotiv 2021 kommt von der Künstlerin Frida Orupabo, einer der spannendsten Protagonistinnen der gegenwärtigen Kunstszene. Die 1986 in Sarpsborg, Norwegen geborene Orupabo lebt und arbeitet heute in Oslo. Ihre künstlerische Praxis besteht aus dem Sammeln von medialen und persönlichen Bildern, die sie auf ihrem Instagram-Feed @nemiepeba digital archiviert
und in analogen Collagen umsetzt.
In ihrer Kunst setzt sich Frida Orupabo provokant und außergewöhnlich mit Rassismus auseinander. Das Grundmaterial für ihre digitalen Collagen: Verstörende Assemblagen aus Bildfragmenten kolonialer Archive und Ausschnitten US-amerikanischer Filme, in denen sie Fragen zu Rasse, Familie, Geschlecht, Sexualität, Gewalt und Identität stellt, indem sie die Bilder dekontextualisiert, defragmentiert und überlagert.
Ihr Motiv für das Festival entstand aus einer Überlagerung der Collagen-Motive ihrer Frankfurter Portikus-Ausstellung. Assoziationen mit Unterdrückungs- und Gewalterfahrungen, kolonialer Vergangenheit und deren Verknüpfung mit der noch heute daraus resultierenden abwertenden Wahrnehmung nicht-weißer Hautfarbe und nicht-westlicher Kulturen, werden als Netz feiner Verzweigungen sichtbar. Orupabo selbst machte die Erfahrung von der – auch auf dem diesjährigen Festival thematisierten – Intersektionalität, der mehrfachen Diskriminierung als Person of Colour aufgrund ihrer nigerianischen Wurzeln, und als Frau.
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